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Sage vom Böttchermeister

Vor vielen, vielen Jahren lebte in Boitzenburg ein ehrsamer Böttchermeister. In einer Nacht, als er sanft und süß nach den Anstrengungen des Tages schlief, rief ihn eine unbekannte Stimme ins nahe Kloster. Er sollte kommen und sein Handwerkszeug mitbringen, denn es gäbe dort für ihn Arbeit. Der Meister stand auf, und als er vor die Tür trat, empfing ihn ein Mann mit langem weißen Barte

 

Das Klostermännchen (© by Hans Benthin)

"Der weißbärtige Alte, das bin ich!"

 

und führte ihn durch mehrere unterirdische Gänge in einen großen Keller, wo viele Fässer standen, die bis zum Rand mit Gold und Silber angefüllt waren. Hier erhielt nun der Böttchermeister den Auftrag, diese Fässer mit neuen Reifen zu versehen. Aber es waren ihrer gar viele, so viele, dass er sie kaum übersehen konnte. Eine alte Tranlampe erhellte ein wenig den Raum, und es war unserm Meister, als wenn die alten Nonnen gleich Gespenstern durch die Tonnen dahin schlichen. Auf einmal erfasste ihn ein Grausen; er ließ sein Handwerkszeug liegen und lief, was er laufen konnte nach Hause.


In der folgenden Nacht kam der Greis wieder und brachte ihm sein Handwerkszeug. Der alte Mann dankte dem Böttchermeister, dass er sein Handwerkszeug zurückgelassen habe, denn die Arbeit verstünden sie im Kloster selbst gut, nur an Handwerkszeug fehle es. Der Meister atmete erleichtert auf und schlief ein. Als der Böttcher am andern Morgen aufwachte, da lag sein Handwerkszeug neben dem Bett und dabei ein Haufen Gold, und so war er plötzlich ein reicher Mann; aber er wäre wohl noch viel reicher geworden, hätte er die Arbeit selbst getan.
(zitiert nach: Sagenschatz der uckermärkischen Kreise Prenzlau und Templin, hrsgg. von Rudolf Schmidt, Prenzlau 1922, S. 27 f.)